Die Anzahl der Privatinsolvenzen in Deutschland ist sprunghaft angestiegen. Bis Jahresende könnten sich die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr verdoppeln, schätzen Experten. Dabei wirken sich die Folgen der Corona-Pandemie noch nicht unmittelbar auf diese Zahlen aus.
Die Wirtschaftsauskunftei Crifbürgel stellte kürzlich das „Schuldenbarometer 2021“ vor. Das zentrale Ergebnis: Bei den Privatinsolvenzen ist ein deutlicher Anstieg im ersten Quartal 2021 zu verzeichnen. So betrug die Zahl der privaten Pleiten in den ersten drei Monaten 2021 31.821. Das sind 56,5 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum (20.328).
Setzt sich diese Entwicklung fort, könnten bis Jahresende 110.000 Menschen in Deutschland privat zahlungsunfähig sein. 2020 waren 56.324 Privatinsolvenzen zu verzeichnen.
Zeigen sich in dieser Zahl bereits Folgen der Corona-Pandemie und ihrer Bekämpfung? Die Auskunftei Crifbürgel sieht das nicht so. Sie erwartet erst ab dem 2. Halbjahr 2021 eine unmittelbar Corona-bedingte Insolvenzwelle, die sich bis ins Jahr 2022 erstrecken wird.
Restschuldbefreiungsverfahren verkürzt
Der derzeitige Ansprung der Privatinsolvenzen sei laut Auskunftei vielmehr auf die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens zurückzuführen. Das beträgt nur noch drei Jahre und gilt rückwirkend für alle Insolvenzverfahren, die ab 01. Oktober 2020 beantragt wurden.
Wertet man aus, in welchen Regionen Deutschlands die Überschuldung von Privat-Haushalten besonders hoch ist, zeigt sich ein deutliches Nord-Süd-Gefälle. Im Durchschnitt kam es bundesweit zu 38 Privatinsolvenzen je 100.000 Einwohner. In Bremen (76 Fälle je 100.000 Einwohner) und Hamburg (57) ist dieser Wert überdurchschnittlich. Auch Niedersachsen (52), Schleswig-Holstein (49) und Mecklenburg-Vorpommern (47) verzeichnen hohe Zahlen. Die Bundesländer Bayern (26), Hessen (29) und Thüringen (30) haben die wenigsten Privatinsolvenzen je 100.000 Einwohner.
Zwei weitere Kernergebnisse dürften beunruhigen: Zum einen ist bei den von Frauen angemeldeten Insolvenzen ein massiver Zuwachs von 61,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Noch größere Zuwächse werden aber offenkundig, wenn man einzelne Altersgruppen betrachtet. Bei den 21- bis 30-Jährigen stieg die Zahl der Insolvenzen auf 5.171 - das sind 84,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Bei den noch jüngeren Erwachsenen (18 bis 20 Jahre) sind es gar 93 Prozent Zuwachs.
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